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Der Standard über BM

Orchestrale Epik statt Elektro-Gefrickel: Das neue Album der Berlinerin weiß mit einer überwältigend vielschichtigen Soundtapete zu überraschen.

Reich und berühmt ist Barbara Morgenstern trotz ihres schon bisher beachtlichen Erfolges in den Nischen deutschsprachigen Elektropops bis dato nicht. Das neue Album der Berlinerin mit dem knappen Titel "bm" weiß zu überraschen. Weniger mit den Texten, mit denen Morgenstern die dreizehn Tracks der Platte versehen hat und die viel von schon bisher Gekanntem, Geschätztem und bisweilen auch Verwünschtem enthalten. Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins in der deutschen Hauptstadt, zum Beispiel.

Nein, das eigentlich Neue an "bm" ist Morgensterns Metamorphose weg von allzu viel Elektrogefrickel und Gepiepe, hin zum Bechstein-Flügel, beinahe Contriva-artigen Arrangements und klassischen Songstrukturen. Das hätte, wäre in Barbara Morgenstern nicht ohnehin eine grandiose Pianistin verloren gegangen, auch mächtig daneben gehen können. Tut es aber nicht. Streicherin Julia Kent von der New Yorker Band Antony and the Johnsons stand der 37-Jährigen ebenso zur Seite wie Robert Wyatt, 63-jährige Soft Machine-Legende aus England. Die Arrangements sind ein wahres Kunstwerk, wie sie im bisherigen Musikjahr 2008 noch nicht aus Deutschland zu uns herabgeklungen haben. Und wohl auch kein zweites Mal mehr werden.

Come to Berlin

Man könnte das, was Barbara Morgenstern auf ihrem aktuellen Album macht, gut und gerne als "Chansons" bezeichnen. Wenn sie, wie etwa im Stück "Come to Berlin" die Fixiertheit von Besuchern der deutschen Metropole auf deren charmant kaschierte Abgewohntheit beklagt. Und damit auf die zusehends nivellierende und von Stadtplanern verschuldete Veränderung der Stadt, in der sie seit 1994 lebt, hinweist. Trotzdem, würden Morgensterns Texte nicht von so klassisch anmutender Epik melodisch eingebettet, sie wären wenig mehr als ein Widerhall ihrer früheren, weit elektronischer umgesetzten Stücke. Im neuen Gewand wirken sie authentisch, überlegt, stringent.

"bm" ist eine Platte für Sonntagnachmittage und Montage, an denen der Kopf nach Klarheit und das Herz nach Wärme sucht.

Skug über Nichts Muss

Homerecording? Heimorgeln? Elektronikbastelei? Singer-Songwriterin? Eigentlich trifft alles und nichts davon auf Barbara Morgenstern zu. Löst man sich jedoch von den Schubladisierungen und klischeebehafteten Denkgewohnheiten um zum Wesentlichen zu gelangen, lässt es sich einfach auf den Punkt bringen: wunderschöne, zu meist melodische Musik, die zuweilen poetisch irritierende Texte transportiert. »Dann trat ich einen Schritt zurück, und sah die Finger aus der Ferne nicht.«
»Nichts Muss« ist nach »fjorden«, und ihrem Debütalbum »vermona et 6-1« -benannt nach ihrer gleichnamigen tschechischen Orgel - das dritte Longplay-Album der Berlinerin, die es geschafft hat ihre eigene Richtung zu finden. »Nichts Muss« hilft einen jedenfalls die unerträgliche Leichtigkeit des Seins besser zu ertragen. Doch Vorsicht sei geboten: Allerhöchste Suchtgefahr! Hört es bis tief in die Nacht!