Intro Magazin über The Grass Is Always Greener
Zehn Jahre lang ist Barbara Morgenstern nun schon Teil dieses wundersamen Musikkosmos’, zuletzt veröffentlichte sie das Album “Tesri” gemeinsam mit To Rococo Rots Robert Lippok. Ihre aktuelle “Grass”-Platte erscheint wie die früheren auch auf Gudrun Guts Label Monika Records und klingt vertraut: ein Dutzend Songs, alle selbst gestrickt, Hauptbestandteile sind der kristallklare Gesang Morgensterns und ihr Orgelspiel. “The Operator” (die Single) besitzt einen englischen Refrain, einen deutschen Text und einen minimalistischen Beat, fast kuschelig wird es bei “Alles Was Lebt Bewegt Sich”, wäre da nicht die umtriebige Unruhe, die in allen Songs zu bemerken ist.
Da will jemand schnell weiter, nach links, rechts, egal, vielleicht nach “Mailand” zur “Japanischen Schranke”? Oder doch zu “Unser Mann Aus Hollywood”? Ist es dort, wo man gerade nicht ist, wirklich immer schöner? Rein theoretisch schon.
De:Bug über Tesri
Barbara Morgenstern/Robert Lippok – TESRI
Traumpaar, Dream Team, Super Couple der Electronica oder was auch immer: Barbara Morgenstern und Robert Lippok muss man einfach lieben. Für Ihre Offenheit, für ihre immer neuen Projekte in Musik und Kunst, genau so für Ihre Konstanz und ihre musikalische Linie, die sie gefunden haben, und die Einmaligkeit in der Pop-Republik. Genug abgefeiert. Aber das wird hier erwähnt, weil „TESRI“ erwartbar gut geworden ist. Morgensterns Stimme klingt hier eher zurückhaltend an, fast scheint ihr Piano auf einigen Tracks (z.B. „Sommer“) prägender. Lippok, der Robert (To Rococo Rot), nicht der Ronald (Tarwater und To Rococo Rot, spielt hier Schlagzeug auf „Winter“) scheint gleichberechtigte Regie zu führen. Ausgefüllt werden die Tracks von Gästen wie der Japanerin Miko Shimizo (Vocals), Damon Aaron (Telefon Tel Aviv, Vocals) oder Bernd Jestram (Tarwater, Gitarre). „TESRI“ war vorhersehbar, und hat alle Ansprüche, die an Morgenstern und Lippok bei solch einem Projekt zu stellen wären, erfüllt. Nicht wenig, in einer chaotischen Zeit
De:Bug über Kleiner Ausschnitt
Barbara Morgenstern – Kleiner Ausschnitt
Die erste Monika DVD ist ausgeschmückt von 11 Videos, gemacht zur Musik von Barbara Morgenstern. Die Filme zeigen den jeweils eigenen Blick auf den kleinen Ausschnitt, den Barbara mit ihrer Musik von sich preisgibt. Ihre sehr persönliche Musik von “Nichts Muss” veranlasst zu persönlicher Bezugnahme. “Phantasmen: Nichts und Niemand” verfolgt sich beispielsweise selbst leicht paranoid in den menschenleeren U-Bahn-Fluchten des Berliner Alexanderplatz, “Jantos und H.Rühl: Ohne Abstand” zeigt Barbara hautnah, durch den Effekt wie in einer Traumwelt, “Gudrun Gut: Nichts Muss” setzt Assoziationen im Interieur frei, “Thomas Fehlmann: Reset” erzeugt Aufmerksamkeit durch Langeweile, “Eike Swoboda: Aus heiterem Himmel” lässt den aufwendig aus Draht gebastelten Löti in seiner Festplattenwohnung wieder träumen, “Tina und Alex: Kleiner Ausschnitt” machen die Sicht der Kamera im Lumpini Park in Bangkok zum Fenster mit Ausblick, “Tim Voss: Gute Nacht” filmt eine weiße Feier mit Farn, “OCBK: Move” zeigen mit drei Sportlerinnen auf der Aschebahn den Move des Lebens, “Rob Flint: Is” abstrahiert das Figürliche und umgekehrt und schließlich Barbara selbst mit “We`re all gonna fucking die”, wo sie ausgelassen Faxen macht und sich austobt. Das geniale Geschenk also für Sozialposer und Flunkerbräute mit dem dezenten Hinweis: “Alles kann, nichts muss.”
De:Bug über Nichts Muss
Ich und meine Vermona hat sich endgültig ausgequäkt. Barbara Morgenstern will sich immer weniger hinter Lofi-Charmanterien verstecken. Auf “Nichts muss” geht es mit so luftig professioneller State of the Art-Produktion in ein nachhaltiges Leinenhemdsongwriting, das natürliche Aura, ehrliche Direktheit und deren kunstvolle Inszenierung auf ausggefuchstester Ebene zusammenbringt. Verhalten, aber keinesfalls schüchtern, betont, aber nicht affektiert, kombiniert Barbara Morgenstern mit Stefan Betkes Unterstützung den Kaminfeuerplatz im Wohnzimmer mit dem Panoramablick über den Alexanderplatz. “Nichts muss” findet das Private im Urbanen und das Urbane im Privaten. Die Frage nach der Großstadt als Heimat wurde selten so zwiespältig schön aufgeworfen wie auf diesen 11 Songs.
Intro Magazin über Fjorden
Nachdem vor zwei Jahren das einem tschechoslowakischen Auslaufmodell von Heimorgel gewidmete Longplay-Debüt „Vermona ET 6-1“ mein analoges Herz mit organischem Warmklang durch zauberliches bis slightly morbides Fiepsen und Quietschen, das sich am Ende immer in euphonisches Wohlgefallen auflöste, frei flottieren ließ, liegt jetzt ein introspektiverer, atmosphärisch dichterer, klanglich geschlossenerer Nachfolger vor. Unterstützt von Pole, Thomas Fehlmann und Robert Lippok, entfaltet sich, noch immer auf der Basis von mit moderneren Beats liierten Frühachtziger-Electronics, ein fließenderes und heimeligeres spätherbstliches Klanguniversum, das, um Geigen und Klaviersounds bereichert, das jugendlich drängende Ungestüm des Debüts hinter sich lässt, ohne Verrat an der Morgenstern’schen Sache, nämlich trotz Versonnenheit der Welt ein lautes Ja entgegenzusingen, zu üben.
De:Bug über Vermona ET6-1
Barbara Morgenstern – Vermona ET 6-1
Sagen wir es mal lieber gleich. Mit dieser CD macht sich Monika Enterprises auf den Weg, das deutsche Rephlex zu werden. Alles geht, Hauptsache es macht Spaß. Die Coolness kommt dann schon von selber. Barbara Morgenstern und ihre Vermona, die den Namen “ET” zurecht trägt, platzen mitten in den 80er Retrowahn wie ein ungebetener Gast auf die langweiligste Party der Welt, nur um alles wieder einmal durcheinanderzubringen. Was soll das, wird man sich fragen. Wieso ist es auf einmal so nett hier? Wer darf da unbekümmert von Dingen singen, die viel zu nah sind? Warum ist Schunkelpop gut, wie easy ist die Welt, und warum muß ausgerechnet jetzt wieder mal der Alleinunterhalter zu voller Größe sich mitten in der Musikgeschichte aufrichten und sagen: ach, die Elektronik, ja! Die Songs auf dieser Platte wirken wie das längst fällige Gegenstück zu Ed DMX, lausig klapprige und leichte Beats, Hawaigitarren neben kitschig eiernden Synthesizervibratos, swingende Themen, übertriebene Bilder, einfaches Instrumentales und schwerwiegend zu hause Gedichtetes. Die Art, wie hier Indiepop der obskuren, vergessenen Art aus den 80ern mitten in Lofielektropopästhetik poltert, “nett” endlich mal wieder ein Wert für sich werden darf, ein Popsong sich mit den Haustieren wie von selbst versteht, und ob leise oder laut, die Welt, so kaputt sie auch sein mag, erst mal so in Ordnung sein muß, und die Ordnung gut, ist vielleicht nicht überraschend, aber irgendwie sehr sympathisch.